Yves Navarre
1940 in der Gascogne geboren, studierte Yves Navarre Literaturwissenschaften an der Universität Lille, wo er ebenfalls einen Abschluss an der dortigen Handelsschule machte.
Nach einer mehrjährigen Karriere in der Werbung veröffentlichte er ab 1971 Romane, Theaterstücke, Kinderbücher und arbeitete darüberhinaus als Kritiker.
1973 machte ihn der Roman «Les Loukoums» einem größeren Publikum bekannt. Der visionäre Text beschreibt eine misteriöse Krankheit, die mehrere Bewohner von New York befällt. 1980 erhielt er den renommierten Prix Goncourt für «Le jardin d’acclimatation» und sein Gesamtwerk. Die Geschichte des Sprosses einer großbürgerlichen Familie, der sich zur vermeintlichen Heilung seiner Homosexualität einer Lobotomie unterziehen lässt, ist eine von Navarres bekanntesten Arbeiten und gehört neben «Une vie de chat» («Kater Tiffauges») zu den wenigen ins Deutsche übersetzten Titeln.
1988 erschien der Film «À corps perdu» («Hals über Kopf») der schweizer Regisseurin Léa Pool nach dem Roman «Kurwenal» (mit Matthias Habich u.a.). Als begeisterter Pianist und Musikliebhaber ist dies nicht der einzige Text, in dem Navarre Anspielungen auf Komponisten und musikalische Werke macht.
Yves Navarres Werkkatalog umfasst mehr als 35 Romane und 15 Theaterstücke. Darüberhinaus existiert ein bisher nicht umfassend katalogisierter und über die ganze Welt verstreuter Nachlass, der unter anderem mehrere unveröffentlichte Texte und Tagebücher enthält, die Navarres ganzes Leben begleitet haben. Seine hochgradig autobiographischen Werke, die nicht zuletzt von seiner Freundschaft mit anderen Schriftstellern wie Marguerite Duras oder Roland Barthes beeinflusst sind, zeugen von einer großen Sensibilität für den Umgang mit Zeit, Erinnerung und persönlicher Entwicklung.
Er war Mitbegründer des französischen Schriftstellerverbands und von 1981 bis 1989 Pressesprecher für homosexuelle Belange unter der Regierung François Mitterands. 1990 ging er, an starken Depressionen leidend, ins selbstgewählte künstlerische Exil nach Kanada.
Kurz nach seiner Rückkehr nahm sich Yves Navarre am 24. Januar 1994 das Leben.
Teile seines Nachlasses werden heute unter anderem von der Bibliothek Émile Zola in Montpellier und dem kanadischen Nationalarchiv in Québec verwaltet. Auf internationaler Ebene finden jährlich Literaturkolloquien zu seinem Werk statt, das in Frankreich seit einigen Jahren systematisch neu herausgegeben wird.